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   Schokolade - giftig für Hunde!

Auch unsere Haustiere essen gerne etwas Süsses. Besonders Hunde, aber auch Katzen sind einem Stück Schokolade gegenüber nicht abgeneigt. In der Weihnachtszeit ist es schnell geschehen dass, das Tier Schoko-Aufhänger vom Weihnachtsbaum, Pralinen vom Tisch oder während des Guetzlibackens Kochschokolade in der Küche stibitzt.

Aber Vorsicht!
Bei Tieren kann der Verzehr von Schokolade tödlich enden!
Schokolade enthält Koffein und einen ähnlichen Stoff, das Theobromin. Beide Stoffe können zu schweren Herzproblemen führen. Die Symptome der Vergiftung hängen von der Menge und der Art der aufgenommenen Schokolade ab. Zartbitter- bzw. Blockschokolade ist besonders gefährlich. Kleine Hunde von wenigen Kilogramm Körpergewicht können schon nach der Aufnahme von 20 - 30 Gramm sterben. Bei grossen Hunden wie z.B. Golden Retrievern sind 120 bis 250 Gramm gefährlich. Milchschokolade führt in etwa zehnfacher Menge zum Tode. Bei Aufnahme einer geringeren Menge kommt es meist lediglich zu Magen-Darm-Problemen wie Durchfall und Erbrechen.

Wir raten Ihnen deshalb dringend davon ab, Ihrem Haustier Schokolade und Pralinen anzubieten.

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Ehrlichiose beim Hund

Die Besitzerin von Belle-Delight vom B-Wurf (bald 12 Jahre alt)  hat uns auf die Ehrlichios aufmerksam gemacht. Delight war plötzlich so komisch, sie hatte hohes Fieber und gar keinen Appetit mehr was sehr untypisch für sie war. Delight wurde sofort dem Tierarzt vorgestellt. Dank der Aussage von den Besitzern, dass sie eine vollgesogene Zecke hatte machte den Tierarzt stutzig und der Untersuchungsmarathon begann, sie musste in der Tierklinik bleiben. Es sah im ersten Moment gar nicht gut aus für Delight, aber bald stand fest, dass sie an Ehrlichiose erkrankt war.Ein Tierarzt meint, in den letzten Jahren haben wir auch hier in der Schweiz immer öfter mit der Ehrlichiose zu tun bekommen. Es heisst die Ehrlichiose ist eine häufige Krankheit von Hunden aus der Mittelmeerregion bzw. eine typische Urlaubskrankheit von Hunden, die dorthin mitgenommen wurden. Delight war nie in einem solchen Land.  

Nun wird sie mit einem speziellen Antibiotika über mehrere Wochen behandelt. Es geht ihr schon wieder viel besser, darüber ist auch ihr Bruder Churro vom C-Wurf glücklich.

Danke Regula und Beat, dass Ihr so schnell gehandelt habt und dadurch schlimmeres verhindert.

Wir wünschen Delight noch viele schöne Erlebnisse mit ihren Besitzern und dass sie gesund bleibt.

Die Zeckenart Braune Hundezecke überträgt
beim Blutsaugen Ehrlichiose auf den Hund
EhrlichiacanisisteinBakterium, das die weissen
Blutkörperchen befällt: 

Die Ehrlichiose wurde früher mit der Anaplasmose gleichgesetzt. Daher werden beide Krankheiten umgangssprachlich auch als „Zeckenfieber“ bezeichnet. Die Übertragung der Ehrlichiose erfolgt primär durch die  Zeckenart Braune Hundezecke. Die Ehrlichiose ist eine häufige Krankheit von Hunden aus der Mittelmeerregion bzw. eine typische Urlaubskrankheit von Hunden, die dorthin mitgenommen wurden. Die Erkrankung wird durch Bakterien ausgelöst, die durch den Zeckenstich übertragen werden. Die Zecke muss mindestens 24 Stunden am Hund saugen, damit die Infektion erfolgreich ist. Die Symptome sind vor allem bei Hunden mit einem schwachen Immunsystem und bei alten Hunden und Welpen stark ausgeprägt.  

Die Phasen der Ehrlichiose
Die Ehrlichiose beim Hund verläuft in drei Phasen:

 

Phase 1: akutes Stadium der Ehrlichiose

Etwa drei Wochen nach dem Zeckenstich kommt der Hund in die akute Krankheitsphase. Symptome in dieser Phase sind ständig wiederkehrendes, hohes Fieber, schleimiger Nasenausfluss, Erbrechen, Atemnot und eine Schwellung der Lymphknoten. Da es zu Störungen im Blutbild kommt, sind die Schleimhäute blass. Auch Nervenstörungen wie Muskelzucken können bei der Ehrlichiose auftreten. Der Hund wirkt abgeschlagen und apathisch, viele Tiere verweigern das Fressen und verlieren an Gewicht. Bei etwa einem Viertel der Hunde kommt es zu Nasenbluten, punktförmige Blutungen auf Haut und Schleimhäuten und schlechter Wundheilung. Teilweise ist Fieber das einzige Symptom, manchmal verläuft die Ehrlichiose-Erkrankung gänzlich asymptomatisch.

 

Phase 2: Ruhephase der Erkrankung

Der Hund ist symptomfrei. Hat der Hund den Erreger bekämpfen können, ist er genesen. Konnte sich der Erreger im Körper des Hundes festsetzen, kommt es zur chronischen Erkrankung.

 

Phase 3: Chronische Ehrlichiose beim Hund

Bei einer chronischen Ehrlichiose kommt es zu Veränderungen an Knochenmark und Blutbild. Ein milder Verlauf der Erkrankung beim Hund ist von Lustlosigkeit, Appetitmangel und Abmagerung begleitet. Milz und Leber sind vergrößert. Nasen- und Hautblutungen und die Einlagerung von Wasser in den Gelenken sind Indizien für eine chronische Ehrlichiose. Bei einem schweren Verlauf der Krankheit treten zusätzlich Schäden und Blutungen an den inneren Organen auf. Zudem wird das Immunsystem gestört, sodass körpereigene Organismen als feindlich eingestuft und zerstört werden (autoimmune Prozesse), wodurch es zu weiteren Schäden an Knochenmark und Blut kommen kann. Zudem kann jede Zelle des Körpers Opfer des Immunsystems werden, woraufhin als Folgen Gehirnschäden, Muskelschwund, Blindheit und nervöse Schäden wie Epilepsie auftreten können. Als schleichende, chronische Erkrankung führt das „Zeckenfieber“ im Laufe der Jahre meist zum Tode des Hundes. Die Ehrlichiose kann mit einem Bluttest oder einer Gewebeprobe im Labor diagnostiziert werden. Die Behandlung erfolgt mit Antibiotika über mehrere Wochen. Ein Impfstoff gegen Ehrlichiose ist nicht vorhanden.

Kurz und Knapp

  • Fachname: Ehrlichiose
  • Umgangssprachlicher Name: Zeckenfieber
  • Überträger: Zecken (Braune Hundezecke)
  • Auslöser: Die Bakterien Ehrlichia canis und Ehrlichia ewingii
  • Vorkommen: Mittelmeerraum, selten auch in Mitteleuropa
  • Symptome:
    Körperlich: Fieber, Muskel-/Gelenkschmerzen, Gelenkschwellungen, Lahmheit. Blasse Schleimhäute (Anämie). Abnahme der weißen Blutkörperchen
    Psychisch: Allgemeine Müdigkeit und Lustlosigkeit
  • Ernährung: Fressunlust, Gewichtsverlust
  • Befällt: Hunde

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Leptospirose


ist eine heimtückische, bakterielle Krankheit, die beim Hund tödlich verlaufen kann.

Der Durst bringt viele Hunde dazu, während eines Spazierganges aus Pfützen zu trinken. Abgesehen von möglichen Rückständen an Dünger und Pflanzenchemikalien vor allem im Frühjahr, lauert auch die Gefahr der Leptospiren dort.

Durch das Trinken aus den Pfützen kann sich der Hund infizieren. Besonders hinterhältig ist, dass Leptospiren nicht nur durch kleine Verletzungen der Haut (oder Mundschleimhaut) , sondern sogar durch die unversehrte Haut in den Körper gelangen können.
Nun stirbt nicht gleich jeder Hund, der aus einer Pfütze trinkt, da die Magensäure den Erreger abtötet.
Aber über kleine Verletzungen im Maulbereich können Erreger eindringen. Beim vertilgen von Knochen kann das Zahnfleisch verletzt werden, beim Welpen im Zahnwechsel der für viele offene Stellen in der Schleimhaut sorgt, usw.

Leptospirose 
ist eine heimtückische, bakterielle Krankheit, die beim Hund tödlich verlaufen kann und auch auf den Menschen übertragbar ist.
Aus diesem Grund empfehlen wir, dass Sie Ihren Hund mit dem neuen Leptospirose-Impfstoff impfen lassen. Der neue Impfstoff schützt nicht nur vor zwei, sondern vor sechs verschiedenen Leptospiren Arten.


Übertragung
Die Quelle für Leptospirose-Infektionen sind überwiegend Mäuse und Ratten, über deren Urin grosse Mengen an diesen Bakterien ausgeschieden werden. Im Wasser können Leptospiren wochenlang am Leben bleiben, nur durch Eintrocknung sterben sie rasch ab. Die Bedeutung für den Hundehalter liegt in Spaziergängen im warmen Frühjahr und Herbst. Durch häufige Regenfälle bilden sich flache Pfützen auf den Feldwegen.
Durch die Temperaturen erwärmen sich die kleinen Wasserstellen, so dass die Leptospiren ideale Bedingungen zur Vermehrung finden. Bekannt ist auch, dass es entlang von Feldwegen jede Menge Mauselöcher ( und natürlich auch Mäuse) gibt, über deren Urin die Bakterien in die Pfütze gelangen. Die Ansteckung durch Trinken aus einer Pfütze oder Baden in einem kleinen, stehenden Gewässer. Die Zeit von der Ansteckung bis zum Auftreten von Symptomen beträgt ca. 1-2 Wochen.

Krankheit/Symptome
Die Leptospiren befallen verschiedene Organe im Körper des Hundes, vor allem die Nieren und die Leber. Die Symptome einer Ansteckung sind vielfältig und zeigen sich unter anderem mit Apathie, Fieber, Erbrechen, Durchfall und Bauchschmerzen. Das Fortschreiten der Erkrankung führt zu einem akuten, lebensbedrohlichen Nierenversagen. Bei einem schweren Verlauf kommt es zu Lungenblutungen. Trotz schneller Diagnose und effektiver Behandlung verläuft die Erkrankung oft tödlich.

Schutz/Impfung
Die Impfung ist die einzige Möglichkeit, wie Sie Ihren Hund vor der heimtückischen Krankheit schützen können. Bisher waren 2 Leptospiren Stämme in der jährlichen Kombiimpfung enthalten. Es existiert seit 2013 ein NEUER Impfstoff, der die Hunde noch besser vor einer Leptospirose schützt. Die neue Impfung schützt vor 6 verschiedenen Leptospiren Unterarten. Die Impfung muss 2x im Abstand von 3-4 Wochen wiederholt werden, danach werden jährliche Wiederholungsimpfungen durchgeführt. Diese werden mit der jährlichen Kombiimpfung, gegen Staupe, Parvovirose, Hepatitis und Zwingerhusten kombiniert. 
Für Fragen kontaktieren Sie Ihren Tierarzt.

Unser Rat an Sie liebe Hundebesitzer

Erziehen Sie Ihren Hund so, dass er nie aus Pfützen trinkt.

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        Die  Kastration beim Hund 
     von Ralph Rückert, Tierarzt  (16.10.2014)

  

Ich gehöre zu einer Generation von Tierärzten, der beigebracht wurde, eher beiläufig und ohne großes Nachdenken alles zu kastrieren, was nicht bei Drei auf dem Baum ist. Für einige Tierarten ist das auch nach wie vor der einzig gangbare Weg. Katzen beiderlei Geschlechts werden nun einmal erst durch die Kastration zu Haustieren. Auch Kaninchen und einige Nager können unkastriert eigentlich nicht artgerecht gehalten werden. Beim Hund waren wir aber bezüglich der Kastration nie in einer echten Zwangslage. Man kann mit entsprechendem Aufwand selbstverständlich intakte Rüden und Hündinnen völlig artgerecht halten. Andere Gründe waren ausschlaggebend: Die Prophylaxe verschiedener Erkrankungen, verhaltensmedizinische Probleme und die generelle Erleichterung der Haltung für den Besitzer. Den Vorteil der Unfruchtbarmachung hat man eher nebenbei mitgenommen. Wir lebten in der Überzeugung, dass wir den Hunden auf jeden Fall etwas Gutes tun. Diesbezüglich wird uns aber nun gerade der Teppich unter den Füßen weggezogen! Wenn Sie es irgendwo laut krachen hören, könnte das der Aufprall unseres kollektiven tiermedizinischen Hinterns auf dem Boden sein.

Es ist nicht so, dass ich nicht schon seit einigen Jahren die Glocken hätte läuten hören. Immer wieder kamen Studien heraus, die den Verdacht nährten, dass die Nebenwirkungen der Kastration des Hundes bei beiden Geschlechtern weit über das hinausgingen, was wir bisher für gegeben erachtet hatten. Es handelte sich aber erstmal nur um einzelne Veröffentlichungen, die teilweise auch gleich wieder mit Gegenstudien angegriffen wurden. Nun sind aber erste sogenannte Metaanalysen im Umlauf, also Arbeiten, die die Ergebnisse mehrerer Studien zu einem Thema zusammenfassen. Auch deren Folgerungen sind nach wie vor beileibe nicht unumstritten, aber es zeichnet sich doch ein klarer Trend ab, auf den ich als Praktiker an der Front reagieren muss.
Prof. Dr. Börne aus dem Münsteraner Tatort-Team sagte in der letzten Folge sinngemäß: Feste Überzeugungen sind was für schlechte Ärzte, Heilpraktiker und Taxifahrer! Er hat auf jeden Fall damit recht, dass gute Mediziner sich immer darüber im Klaren sein müssen, dass die Medizin eine Wissenschaft ist und dass die Wissenschaft nicht stillsteht. Das kann manchmal, so erschreckend das sowohl für Arzt als auch Patienten sein mag, zu einem recht abrupt wirkenden Kurswechsel führen. Und genau so etwas kündigt sich jetzt bezüglich der Hundekastration an.
Was haben wir bisher als Tatsachen gesehen? Trennen wir es mal der Übersichtlichkeit halber nach Geschlecht auf und fangen wir mit der Hündin an. Während unserer immer schon sehr ausführlichen Kastrationsberatung wurden Besitzer von Hündinnen seit jeher auf die folgenden Risiken hingewiesen: 
-Harninkontinenz (Harnträufeln), das um so wahrscheinlicher auftritt, je schwerer die Hündin wird.
-Fellveränderungen (Baby- oder Wollfell), sehr häufig auftretend bei langhaarigen Rassen.
-Fettleibigkeit, die vor allem dann entsteht, wenn die Fütterung nicht an den reduzierten Kalorienbedarf nach einer Kastration angepasst wird.
-Seit einigen Jahren weisen wir auch auf unsere persönliche Erfahrung hin, dass die unter Hunden weit verbreitete Schilddrüsen-Unterfunktion (Hypothyreose) so gut wie ausschließlich bei kastrierten Tieren festgestellt wird.

Das war's aber auch schon. Was haben wir als Vorteile erwähnt?
-Keine Läufigkeit mehr (keine Blutung, keine ungewollte Fortpflanzung)
-Je nach Zeitpunkt der Kastration so gut wie vollständige Verhinderung von Mammatumoren (Brustkrebs)
-Definitive Vermeidung von Eierstock-Tumoren und der Gebärmutter-Vereiterung (Pyometra)
-Stabilisierung der Psyche durch Vermeidung starker hormoneller Schwankungen im Rahmen der Läufigkeit, allerdings mit der Einschränkung, dass bei manchen Hündinnen nach der Kastration ein gewisser Testosteron-Überhang entsteht, was die Hündin insgesamt männlich-grimmiger machen kann.

Auch das Für und Wider der im angloamerikanischen Kulturraum so weit verbreiteten Frühkastration (vor der ersten Läufigkeit) wurde besprochen. Ich bilde mir ein, dass ich nie einen Hündinnen-Besitzer zu etwas gedrängt habe. Mir war immer wichtig, dass der Verantwortliche in möglichst umfassender Kenntnis der aktuellen Faktenlage eine Entscheidung trifft und dann deren Vor- und Nachteile akzeptiert.

Beim Rüden war die Kastration immer eine Kann-aber-muss-nicht-Geschichte. Die krankheitsverhütenden Auswirkungen waren recht überschaubar, die Nebenwirkungen auch.
Nachteile:
-Auch beim Rüden tritt gelegentlich Harninkontinenz auf, aber viel seltener als bei der Hündin.
-Das gleiche gilt für Fellveränderungen.
-Das Problem des verringerten Kalorienbedarfs besteht völlig analog zur Hündin, also werden Rüden, die nach der Kastration die gleiche Futtermenge wie zuvor bekommen, ebenso fettleibig.
-Ebenfalls wie bei der Hündin stellen wir Schilddrüsenunterfunktionen eigentlich nur bei kastrierten Tieren fest.
Bezüglich der Vorteile lag die Hauptbetonung immer auf einer vom Besitzer erhofften Modifikation des typischen Rüdenverhaltens (Markieren, sexuell motivierte Aggression, Streunen, etc.). Von einer krankheitsverhütenden Wirkung ging man aus bezüglich:
-Hodentumoren (logisch!)
-Prostatatumoren
-Gutartiger Prostatavergrößerung
-Perianaltumoren

Auch in dieser Frage haben wir keinen Besitzer zu irgendetwas gedrängt, sondern eine eigene, auf Fakten beruhende Entscheidung gefördert. Allerdings sind wir seit der Markteinführung des Suprelorin-Implantates, das einen Rüden für eine bestimmte Zeit hormonell und reversibel - sozusagen auf Probe - kastriert, auch in Bezug auf diese Operation sehr zurückhaltend geworden.

Insgesamt kann man sagen, dass wir bei beiden Geschlechtern bis vor einiger Zeit der Ansicht waren, dass die Vorteile die Nachteile eher überwiegen. Wir haben diesen Standpunkt nicht nur vertreten, sondern durchaus selbst befolgt. Unsere Ridgeback-Hündin Nandi, die vor vier Jahren gestorben ist, war kastriert. Laurin, der jetzt zehn Jahre alte Rüde unserer Tochter, ist ebenfalls kastriert. Unser jetziger Hund, der vier Jahre alte Terrier-Rüde Nogger, ist es dagegen nicht. Was hat sich geändert? Ich muss dazu etwas weiter ausholen, bitte halten Sie durch!

Ich behaupte, dass die Tiermedizin als Wissenschaft sich zu lange auf sehr alten Studien zu dieser Thematik ausgeruht hat. Viele der Daten, mit denen wir argumentiert haben, stammen aus den Siebziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts. In letzter Zeit aber setzt sich in der medizinischen Wissenschaft ein neues Denken durch, die sogenannte Evidenzbasiertheit, was (vereinfacht) bedeutet, dass sich möglichst jede medizinische Vorgehensweise auf tatsächlich beweisbare Fakten stützen sollte. Dementsprechend wird momentan alles in Frage gestellt, was immer schon als Tatsache galt, aber nie so richtig bewiesen wurde. So wuchs auch der Drang der Forscher, das alte Thema der Kastration erneut aufzugreifen. Wie weiter oben schon erwähnt: Zuerst waren es einzelne und stark in Zweifel gezogene Studien, die zur Veröffentlichung kamen und noch keinen echten Anlass für einen Kurswechsel darstellten. Inzwischen verdichtet sich die Datenlage aber derart, dass man sie nicht mehr ignorieren kann.

Was ist jetzt das Problem, fragen Sie? Das Hauptproblem, mit einem Wort ausgedrückt, ist Krebs! Mit der Kastration wird einerseits das Auftreten bestimmter Tumore verhindert, andererseits aber steigt das Risiko für andere Krebsarten, und zwar wahrscheinlich so deutlich, dass das gesamte bisherige Kastrationskonzept in Frage gestellt wird. Einer der wichtigsten Grundsätze der Medizin lautet: Nihil nocere! Niemals schaden! Für mich sieht es inzwischen fast so aus, als ob man einen Hund nicht mehr ohne strengste Indikationsstellung kastrieren könnte, ohne diesen Grundsatz zu verletzen. 

Eine der umfassendsten und bezüglich der Fallzahlen beeindruckendsten Arbeiten zu dem Thema ist für mich "Evaluation of the risk and age of onset of cancer and behavioral disorders in gonadectomized Vizslas (Risiko und Erkrankungsbeginn von Krebs und Verhaltensstörungen bei kastrierten Vizslas)". In dieser im Februar diesen Jahres im angesehenen Journal of the American Veterinary Medical Association veröffentlichten Studie greift die Kollegin Christine Zink auf die Daten von 2505 (!) ungarischen Vorstehhunden (Magyar Vizsla) zurück. Es macht im Rahmen eines Blog-Artikels wie diesem keinen Sinn, detailliert auf Kollegin Zinks Ergebnisse einzugehen, aber alles in allem muss man feststellen, dass kastrierte Tiere beiderlei Geschlechts ein teilweise um ein Mehrfaches erhöhtes Risiko aufwiesen, an bestimmten Krebsarten (Mastzelltumore, Hämangiosarkom, Lymphosarkom) zu erkranken, und das auch noch zu einem deutlich früheren Zeitpunkt als intakte Artgenossen. Auch bestimmte Verhaltensstörungen, vor allem die Angst vor Gewittern, kamen bei kastrierten Tieren deutlich häufiger vor. Andere Studien belegen, dass das Risiko für die Entwicklung eines Osteosarkoms (Knochenkrebs) für kastrierte Hunde um das drei- bis vierfache erhöht ist. Selbst die Datenlage zur Verhinderung von Gesäugetumoren durch die Kastration steht unter Beschuss. Und bösartige Prostatatumoren beim Rüden treten bei Kastraten nicht seltener, sondern häufiger auf!
Insgesamt wird die erhöhte Anfälligkeit für Tumorerkrankungen aktuell mit einer durch den Wegfall der Geschlechtshormone zusammenhängenden Beeinträchtigung des Immunsystems in Zusammenhang gebracht. Dafür spricht auch, dass bei kastrierten Hunden offenbar sogar eine höhere Infektanfälligkeit nachzuweisen ist.

Besonders bedrückend ist für mich, dass eine Kastration fast sicher das Auftreten von Hämangiosarkomen, den berüchtigten Milztumoren, fördert. Ich bin auf diese Erkrankung in einem früheren Blogartikel schon einmal eingegangen. Mit dieser extrem bösartigen und gefährlichen Tumorart haben wir es bei älteren Hunden andauernd zu tun. Unsere Nandi wurde aufgrund metastasierter Milztumore eingeschläfert. Die Vorstellung, dass wir diese fiese Krankheit durch Kastration auch noch gefördert haben sollen, finde ich einfach schrecklich. Meine amerikanische Kollegin und Krebsspezialistin Alice Villalobos findet dafür einen sehr passenden Ausdruck: Earth shattering!

Damit leider nicht genug: Auch verschiedene orthopädische Probleme werden inzwischen mit der Kastration in Verbindung gebracht. Bezüglich Kreuzbandrissen scheint es bereits unumstritten festzustehen, dass diese Verletzung bei kastrierten Tieren deutlich häufiger vorkommt. Es gibt aber auch Hinweise, dass sogar Hüftgelenkarthrosen bei Kastraten früher und schlimmer auftreten. Letzteres scheint aber noch nicht wirklich sicher. Ziemlich klar dagegen ist der Zusammenhang zwischen der Kastration und der häufigsten endokrinologischen Störung des älteren Hundes, der Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). 

Nachdem, wie schon erwähnt, momentan alles in Frage gestellt wird, was bisher galt, könnte man noch einige Punkte mehr aufführen, aber das bringt uns an dieser Stelle nicht weiter. Wenn wir den Grundsatz, niemals schaden zu wollen, ernst nehmen, ist es hier und jetzt Zeit für einen Kurswechsel. Wir können beim Hund nicht mehr guten Gewissens einfach so im Vorbeigehen kastrieren! Selbstverständlich wird es nach wie vor Hunde geben, die nach sorgfältigster Abwägung der individuellen Umstände trotzdem kastriert werden. Da mögen bestimmte Haltungsbedingungen (Hündin und Rüde im gleichen Haushalt) vorliegen oder gute medizinische Gründe (Perianaltumore oder eine Perinealhernie beim Rüden, chronische oder akute Gebärmuttererkrankungen bei der Hündin), die einfach keine andere Wahl lassen. Von solchen klaren Indikationen aber abgesehen werden wir in Zukunft mit Kastrationen in unserer Praxis noch zurückhaltender sein als wir es in den letzten Jahren sowieso schon waren.

Ach ja, ein letzter Punkt vielleicht noch: In letzter Zeit scheint es sich zu häufen, dass Hundetrainerinnen und Hundetrainer es sich zutrauen, speziell bei Rüden eine Kastrationsindikation zu stellen, um Erziehung und Handling zu erleichtern. Die Besitzer treten dann an uns heran mit der Bitte, den Hund zu kastrieren, weil es die Trainerin oder der Trainer so angeraten habe. Davon kann unter Berücksichtigung der erläuterten Faktenlage natürlich gar keine Rede sein! Eine sich eventuell etwas schwieriger als erwartet gestaltende Erziehung stellt zumindest in unserer Praxis keine ausreichende Begründung für diesen Eingriff dar.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass Besitzer von Hunden, die irgendwann in unserer Praxis kastriert wurden, jetzt darüber unglücklich oder gar auf uns sauer sind. Das ist einerseits auf der emotionalen Ebene ein Stück weit nachvollziehbar, andererseits kann ich den Vorwurf nur an die in der Forschung arbeitenden Stellen weitergeben. Ich bin als Praktiker von der Forschung und ihren Erkenntnissen abhängig und beileibe nicht glücklich, dass man sich bezüglich dieses Themas gute dreißig Jahre auf alten Lorbeeren ausgeruht hat. Davon abgesehen: Bitte keine Panik, dazu gibt es absolut keinen Anlass. Wenn wir beispielsweise bei einer bestimmten Tumorart von einer Verdreifachung des Risikos sprechen, klingt das im ersten Moment wirklich übel. Wenn man sich aber klar macht, dass diese Tumorart an sich nur eine Wahrscheinlichkeit von 1,5 Prozent hat, dann bedeuten die aus einer Verdreifachung des Risikos resultierenden 4,5 Prozent immer noch, dass ein ganz bestimmter Hund diesen Tumor zu 95,5 Prozent NICHT bekommen wird.

Viele, nicht zuletzt Kolleginnen und Kollegen, werden einwenden, dass ein solcher Kurswechsel langfristig auch wieder bestimmte Konsequenzen haben wird. Stimmt! Wir werden bei intakten Hündinnen eventuell wieder öfter Gesäugetumoren und ganz sicher wieder mehr Gebärmutter-Vereiterungen (Pyometren) sehen. Aber auch das ist eben eine Sache der Risikoabwägung. Ein gut aufgeklärter Besitzer wird sowohl ein Gebärmutter-Problem als auch einen Gesäugetumor frühzeitig erkennen und entsprechend beim Tierarzt vorstellen. Die Chancen einer frühen und erfolgreichen chirurgischen Intervention sind dann ganz entschieden besser als bei einem Hämangiosarkom der Milz oder gar einem Lympho- oder Osteosarkom.

Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass ich mit dieser für meine Praxis geltenden Positionsfestlegung in das sprichwörtliche Wespennest steche, und zwar gleichermaßen bei Hundebesitzern und bei Tierärzten. Sicherlich wird es viele Praxen geben, die bereits einen vergleichbaren Standpunkt eingenommen haben, dies aber nicht per Blog-Artikel öffentlich machen. Andere Kolleginnen und Kollegen werden meine Einlassungen als viel zu vorschnell verurteilen und nach immer noch beweiskräftigeren Studien rufen. Mir geht es um zwei Punkte: In erster Linie möchte ich mit diesem Artikel meine Kunden darüber informieren, dass sich etwas Grundlegendes geändert hat. Darüber hinaus würde ich ungern erleben, dass wir, wie damals bei der Verlängerung der Impfintervalle, eine neue Entwicklung komplett verpennen, um dann 5 bis 10 Jahre hinter den Amerikanern her zu hinken. Sobald sich der Staub etwas gelegt hat (was noch einige Zeit dauern kann), werden wir für unsere Kunden ein Aufklärungsformular verfassen, in dem alle bis zu diesem Zeitpunkt als gesichert geltenden Fakten aufgeführt sind. Bleiben Sie uns gewogen, bis bald, Ihr 
Ralph Rückert © Kleintierpraxis Ralph Rückert, Bei den Quellen 16, 89077 Ulm / Söflingen Quelle: http://www.tierarzt-rueckert.de/blog/details.php?Kunde=1489&Modul=3&ID=18951   (Abgefragt am 5.11.2014 / 12.34